Finanzen

Digitale Zahlungen boomen, Finanzwissen hinkt hinterher: Was die Schweiz jetzt braucht

Die Zeiten des Bargelds scheinen immer mehr zu enden. Während noch vor ein paar Jahren Aussagen wie: „Warten Sie, ich hab’s passend“ beinahe einmal pro Warteschlange zu hören waren, wird heutzutage nicht einmal mehr der Geldbeutel gezückt, wenn es ums Bezahlen geht. Ein Smartphone ist alles, was man braucht. Mobile Payment hat einen raketenhaften Aufschwung hingelegt. Bereits 26,8% aller Transaktionen laufen mittlerweile digital ab. Über 6 Millionen Menschen – fast zwei Drittel der schweizer Bevölkerung – nutzen den Zahlungsanbieter „Twint“. Kaum ein Land in Europa hat sich so schnell auf bargeldlose Zahlungsmethoden umgestellt wie die Schweiz.

Das große Problem dabei ist, dass das Gefühl für Geld dadurch scheinbar immer mehr verloren zu gehen scheint.

Wenn Bequemlichkeit Bildung überholt

Wenn Bequemlichkeit Bildung überholt bei Finanzbildung Schweiz

Wenn es um Finanzkompetenz geht, schneidet die Schweiz leider nicht gut ab. Laut dem Swiss Financial Literacy Report 2025 konnten beinahe die Hälfte aller Befragten grundlegende Finanzfragen nicht korrekt beantworten. Nur 5,43 von 10 Teilnehmern hatten ausreichende Kenntnisse in Sachen Finanzen. Damit liegt die Schweiz zwar im internationalen Mittelfeld, aber dennoch ist es ein alarmierendes Ergebnis. Eine These für die unzureichenden Kenntnisse ist, dass das Bezahlen per App Menschen mehr und mehr von der tatsächlichen Wahrnehmung für den realen Wert von Geld entkoppelt.

Junge Nutzer und Nutzerinnen wissen in vielen Fällen oftmals nicht einmal, was Zinseszins oder Inflation langfristig bedeutet – eine massive Wissenslücke.

Einkommen bestimmt Finanzwissen

Man würde denken, dass Menschen, die über wenig Geld verfügen, gezwungen sind, besser zu wirtschaften. Daraus würde theoretisch ein besseres Finanzwissen folgen, oder? Falsch. Während Personen mit einem Monatseinkommen von über 15.000 Franken stolze 69% aller Fragen richtig beantworteten, waren es bei Menschen mit Einkommen unter 4.500 Franken nur 41%. Klar sind Einkommen unter 4.500 nicht zwangsweise sozial schwache oder von Armut betroffene Menschen, aber dennoch zeigt dieses Ergebnis, dass es soziale Ungleichheiten basierend auf Wohlstand gibt. Wer weniger verdient, verfügt auch über weniger Finanzwissen und hat dadurch deutlich schlechtere Chancen, aus seiner finanziell schlechteren Situation herauszukommen. Es ist kein neues Problem, aber dennoch interessant, wie die Zahlen das wieder einmal belegen.

Fehlendes nationales Konzept

Im Gegensatz zu Deutschland und Österreich fehlt der Schweiz eine koordinierte Strategie zur Finanzbildung. Deutschland hat erst kürzlich eine Finanzbildungsinitiative gestartet, um die Finanzkompetenz innerhalb der Bevölkerung zu stärken. Einer der Kernpunkte ist die Integration von Finanzbildung in alle Altersgruppen, also nicht nur Schüler, sondern auch Rentner oder Arbeitslose. Durchgesetzt wird das durch Bildungsangebote in Arbeitslosenzentren oder Verbraucherschutzorganisationen. Auch Österreich hat bereits 2021 eine nationale Finanzbildungsstrategie lanciert. Hier gibt es spezifische Programme für unterversorgte Gruppen und auch einen Fokus auf Migranten, Alleinerziehende und Senioren. Natürlich sind diese Programme nicht perfekt und das größte Problem ist nach wie vor die Erreichbarkeit der verschiedenen Zielgruppen, aber eines ist klar: Das Thema Finanzbildung wird dort auf nationaler Ebene angepackt.

Die Schweiz hat beinahe keinen präventiven Ansatz – gehandelt wird erst, wenn akute Probleme, wie Verschuldung oder Ähnliches vorliegen. Nicht einmal am freiwilligen Teil der PISA-Erhebung zur Finanzkompetenz wird teilgenommen.

Die junge Generation navigiert neue Finanzwelten

Die junge Generation navigiert neue Finanzwelten Schweiz

Für junge Menschen ist der Umgang mit digitalen Finanzplattformen Alltag geworden. Von Twint-Überweisungen über Online-Shopping bis hin zu Streaming-Abos – die Vielfalt der Plattformen erfordert ständige Entscheidungen über Ausgaben. Besonders die Altersgruppen der 18-24-Jährigen und 25-34-Jährigen zeigen mit 42% die höchste Bereitschaft, Mobile Payments intensiver zu nutzen.

Dabei entwickeln viele junge Menschen eigene Strategien zur Ausgabenkontrolle. Prepaid-Zahlungsmethoden wie Paysafecard erfreuen sich wachsender Beliebtheit, weil sie klare Budgetgrenzen setzen, ohne Bankdaten preiszugeben.

Transparenz und Selbstkontrolle – auch bei digitaler Unterhaltung gefragt

Diese Entwicklung zeigt sich auch in regulierten Bereichen der digitalen Unterhaltung. Prepaid-Lösungen werden besonders dort eingesetzt, wo volle Budgetkontrolle wichtig ist. Junge Menschen suchen aktiv nach Tools, die ihnen helfen, Ausgaben zu managen.

Selbst bei Plattformen, wo echtes Geld im Casino für Schweizer eingesetzt wird, haben lizenzierte Anbieter mittlerweile strenge Transparenzrichtlinien implementiert. Von Einzahlungslimits über Selbstsperr-Funktionen bis hin zu verpflichtenden Reality-Checks – was früher ein Graubereich war, ist heute stark reguliert. Finanzbildungsexperten betonen, dass solche Mechanismen genau das Bewusstsein fördern, das im Umgang mit allen digitalen Finanzplattformen nötig ist: Eigenverantwortung statt Kontrollverlust.

Was jetzt nötig ist

Doch digitale Zahlungsmittel sind nicht per se schlecht. Sie bieten auch eine potente und wertvolle Gelegenheit zur Finanzbildung. Wenn in Twint und andere Apps beispielsweise Spartipps, Zinsberechnungen oder Budgetplanungs-Tools integriert werden würden, könnte gerade die jüngere Generation nachhaltig unterstützt werden.

Besonders wichtig, gezielte Programme für Frauen und andere einkommensschwache Gruppen. Nur wenn Finanzbildung dort ankommt, wo sie am dringendsten gebraucht wird, kann die Schweiz den technologischen Fortschritt mit echtem Finanzverständnis verbinden.

Die digitale Zukunft ist bereits da. Jetzt muss das Wissen nachziehen.

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